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"Less is more"

Studie zur palliativen Chemotherapie des Dickdarmkrebs.

Titel

Comparison of intermittent and continuous palliative chemotherapy for advanced colorectal cancer: a multicentre randomised trial.

 

Autoren

Maughan TS, James RD, Kerr DJ, Ledermann JA, Seymour MT, Topham C, McArdle C, Cain D, Stephens RJ; Medical Research Council Colorectal Cancer Group.

 

Quelle

Lancet 2003 Feb 8;361(9356):457-64

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

In typisch britischer Manier stellt diese Studie die Frage, ob die Unterbrechung einer wirksamen Chemotherapie beim metastasierten Kolon- oder Rektumkarzinom für den Patienten nicht von Vorteil sei gegenüber der möglichst langen Fortsetzung der Therapie.

 

Hintergrund

Die Experten sind sich einig, dass bei Krankheitsprogression unter Chemotherapie diese abgesetzt werden soll. Wie lange aber soll die Chemotherapie gegeben werden, wenn sie das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten kann? Die Meinungen zu dieser Frage gehen auseinander.

 

Methoden

Setting

In den Jahren 1996 bis 2000 wurden 354 Patienten an 42 britischen Zentren in diese randomisierte Studie aufgenommen.

 

Einschlusskriterien 

Einschlusskriterien waren ein inoperables oder metastasiertes Kolon- oder Rektumkarzinom mit Therapieansprechen nach 12 Wochen auf die erste Chemotherapie sowie genügende Organfunktionen und Allgemeinzustand.

 

Intervention

Es konnten drei verschiedene Chemotherapien eingesetzt werden: Fluorouracil/Leukovorin nach «deGramont» (Fluorouracil als Bolus und als Infusion über 2 Tage), Fluorouracil-Dauerinfusion nach «Lokich», Raltitrexed (Bolus alle 3 Wochen). Wenn keine Krankheitsprogression vorlag nach 12 Wochen Therapie, wurden die Patienten randomisiert: Bei 178 wurde die Therapie gestoppt (intermittierende Therapie), bei 176 wurde dieselbe Therapie fortgesetzt bis zur Progression oder inakzeptablen Toxizität (kontinuierliche Therapie).

 

Endpunkte 

 Hauptendpunkt war die Überlebenszeit. Nebenendpunkte waren u.a. das progressionsfreie Überleben, die Lebensqualität (erfasst mittels Fragebögen) und die Nebenwirkungen.

 

Beobachtungsdauer

Ursprünglich waren 420 Patienten geplant. Die Studie musste wegen ungenügender Aufnahme bei 354 Patienten abgebrochen werden. Die Beobachtungsdauer ist lange genug: 86% der Patienten sind verstorben, für die Überlebenden beträgt sie 504 Tage.

 

Resultate

Basisdaten

Die beiden Behandlungsgruppen waren sehr vergleichbar bezüglich Alter (median 63 Jahre, Bereich 32-81), Allgemeinzustand (34% symptomfrei, 46% mit leichten Symptomen, 20% mit reduziertem Zustand), Geschlecht (2/3 Männer), Lokalisation des Primärtumors (2/3 Kolonkarzinome), Messbarkeit der Erkrankung (über 80% hatten bildgebend messbare Erkrankung), Anzahl metastasenbefallener Organe (2% nur Lokalrezidiv, 66% mit 1 befallenem Ort, 28% mit 2, 3% mit 3, 1% mit 4 Metastasenorten). Auch die Chemotherapie war symmetrisch auf beide Studienarme verteilt: 40% deGramont, 33% Lokich, 26% Raltitrexed. Ebenso das Ansprechen auf diese erste Chemotherapie: 2% vollständig, 39% partiell, 59% stabile Erkrankung. Bei der fortgesetzt behandelten Gruppe kam es nur in 8% der Patienten zu einer Verbesserung des Ansprechens später als nach den 12 Wochen vor Randomisierung.

 

Gruppenvergleich der Endpunkte

Das wichtigste Ergebnis sei vorausgenommen: Das Überleben in beiden Gruppen war identisch. Gerechnet ab Randomisierung (nach 3 Monaten Therapie) betrug das mediane Überleben 10.8 Monate für die intermittierende Gruppe gegenüber 11.3 Monaten für die kontinuierliche Therapie. Bezüglich progressionsfreiem Überleben bestand initial ein nicht-signifikanter Trend für die fortgesetzte gegenüber einem umgekehrten Trend zugunsten der unterbrochenen Therapie in der Spätphase. Die Lebensqualität war in beiden Gruppen gleich. Die Patienten mit fortgesetzter Chemotherapie hatten verständlicherweise mehr Therapie-bedingte Nebenwirkungen wie Stomatitis, Hautausschlag oder Schmerzen an Händen und Füssen.

 

Diskussion durch die Autoren

Die Autoren ziehen den Schluss, dass eine Unterbrechung einer wirksamen Chemotherapie nach 12 Wochen dem Patienten keinen Nachteil im Überleben, jedoch weniger Nebenwirkungen bringt. Sie schlagen deshalb vor, dass eine Erstlinientherapie nach 3 Monaten zu unterbrechen sei. Das würde auch ermöglichen, bei einem Teil der Patienten dieselbe Chemotherapie noch einmal einzusetzen bei einem späteren Rückfall.

 

Zusammenfassender Kommentar

Man muss den Autoren gratulieren zu dieser konzeptuell anspruchsvollen Studie mit einem klaren und glaubhaften Ergebnis. Zu ihren Schlussfolgerungen möchte ich folgenden Kommentar machen. Die meisten Publikationen der letzten Jahre beim Kolorektalkarzinom betreffen neue Medikamente. Dazu gehören Zytostatika wie Irinotecan und Oxaliplatin sowie Antikörper wie Bevacizumab oder Cetuximab. Die Unterstützung der Pharmaindustrie für Studien mit solchen Medikamenten ist natürlich leichter zu gewinnen als für das hier geprüfte Konzept: Unterbruch versus Fortsetzung mit dem «alten» Fluorouracil. Die Autoren sind der Meinung, dass ihr Konzept auch auf die neueren Therapien übertragen werden könne. Das ist denkbar aber nicht sicher. Denn mit den neuen Medikamenten wurden mediane Überlebenszeiten bis über 20 Monate erreicht, was doch länger ist als die 14 Monate in dieser englischen Arbeit. Nur 37 Patienten erhielten je Irinotecan, nur 6 Patienten Oxaliplatin, und keine Patienten Cetuximab oder Bevacizumab. Eine zeitgemässe Behandlung setzt nicht nur Fluorouracil oder Raltitrexed ein, und diese nicht länger als 3 Monate. Für den Onkologen ist die Idee attraktiv, auch Therapien mit den neueren Medikamenten zu unterbrechen und erst bei Anzeichen der Progression wieder zu behandeln.

 

Besprechung von PD Dr. med. Bernhard C. Pestalozzi, Oberarzt, Klinik und Poliklinik für Onkologie, Universitätsspital, Zürich.

 

Lancet 2003 Feb 8;361(9356):457-64 - T.S. Maughan et al

24.02.2004 - dde

 
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