Vergleich von Mifepristone (10 mg) und Levonorgestrel zur Notfallkontrazeption
Eine randomisierte Studie.
Titel
A randomized trial of mifepristone (10 mg) and levonorgestrel for emergency contraception.
Autoren
Hamoda H, Ashok PW, Stalder C, Flett GM, Kennedy E, Templeton A.
Quelle
Obstet Gynecol. 2004 Dec;104(6):1307-13.
Abstract |
Fragestellung
Sind Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Akzeptanz bei den Patientinnen gleich bei der Notfallkontrazeption mit niedrigdosiertem Mifepriston (10 mg Einmaldosis) verglichen mit Levonorgestrel (2x750 mg in Abstand von 12 Stunden)?
Hintergrund
Levonorgestrel ist in über 80 Ländern als Notfallkontrazeption eingeführt und hat das Yuzpe-Regime abgelöst. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Mifepriston in verschiedener Dosierung sehr wirksam ist, mit einer dosisabhängigen Verlängerung der Zeit bis zur nächsten Menstruation.
Methoden
Studiendesign
Prospektiv randomisierte Studie.
Setting
Zwei-Zenter Studie (Departement of Obstetrics and Gynaecology, University of Aberdeen, UK und Family Planning Well Woman Services, Dundee, UK). Nach Powerberechnungen müssen 4200 Frauen eingeschlossen werden.
Einschlusskriterien
- Alter > 16 Jahre
- Zyklus 21-35 Tage
- Bis 72 Std. nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr (respektive bis 120 Std., wenn die Frauen eine Kupferspiraleneinlage ablehnten)
- Frauen mit mehrmalig ungeschütztem Geschlechtsverkehr innerhalb 120 Std. (wurde bei der Auswertung der Daten berücksichtigt)
- Frauen mit hormoneller Kontrazeption, wenn mindestens ein Zyklus vorgängig nicht verhütet wurde
Ausschlusskriterien
- Frauen unter irgend einer Form von hormoneller Kontrazeption
- Frauen, die bei Versagen der Methode die Schwangerschaft behalten wollten
- Bekannte Allergie auf Mifepriston oder Progestogene
- Frauen mit Leberenzym induzierender Medikation
Intervention
- Randomisierte Abgabe von entweder einer Tablette Mifepriston 10 mg einmalig, oder zwei Tabletten Levonorgestrel 750 mg, die im Abstand von 12 Std. eingenommen wurden.
- Kontrollvisite 7-10 Tage nach erwarteter nächster Menstruation. Schwangerschaftstest im Urin, sofern zu diesem Zeitpunkt noch keine Blutung eingetreten war.
- Bei Ausbleiben der Menstruation und negativem Schwangerschaftstest wurde eine erneute Kontrolle eine Woche später durchgeführt.
Primärer Endpunkt
Ungewollte Schwangerschaft, bestätigt durch positiven Schwangerschaftstest im Urin und transvaginalen Ultraschall.
Sekundäre Endpunkte
- Nebenwirkungen
- Intervall bis zur 1. Menstruation nach Notfallkontrazeption
- Akzeptanz der Methoden
Resultate
Basisdaten
Es wurde berechnet, dass 4200 Frauen randomisiert werden müssen, um die Gleichwertigkeit beider Methoden zu zeigen. Wegen Rekrutierungsschwierigkeiten und Verfall des Ablaufdatums der Studienmedikamente wurden schliesslich nur 2043 Frauen analysiert (2000-2003). 1022 erhielten Mifepriston, 1021 Levonorgestrel. Das Resultat der Behandlung war bei 84.2% in der Mifepriston- und 84.1% in der Levonorgestrelgruppe bekannt.
Patienten
Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den Patientinnengruppen bezüglich Alter, Grösse, Gewicht, vorgängige Schwangerschaften oder Interruptiones, Länge von Zyklus oder Menstruation, Zyklustag, an dem der ungeschützte Geschlechtsverkehr stattgefunden hat, angewandte Kontrazeptionsmethode, Grund für die Notfallkontrazeption und Intervall zwischen Geschlechtsverkehr und Behandlung.
Gruppenvergleich der Endpunkte
Bezüglich dem primären Endpunkt (Schwangerschaftsrate) konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Mifepriston 13/1022 [1.3%], Levonorgestrel 20/1021 [2.0%], p = 0.46, 95% CI 0.32-1.30). Nach Ausschluss der Frauen mit unbekanntem Outcome lag die Versagerquote bei 1.5% für Mifepriston und 2.3% für Levonorgestrel. Beide Methoden hatten dasselbe Nebenwirkungsprofil. Frauen in der Mifepristongruppe hatten häufiger ein verspätetes Auftreten der 1. Menstruation nach Therapie (p < 0.001). Beide Methoden hatten eine hohe Akzeptanz bei den Frauen, wobei die einmalige und somit einfachere Einnahme von Mifepriston zu einem für die Frau günstigen Zeitpunkt als Vorteil bewertet wurde.
Diskussion durch die Autoren
Die Studie zeigt, dass die Einmalgabe von 10 mg Mifepriston der zweimaligen Gabe von 750 mg Levonorgestrel im Abstand von 12 Std. ebenbürtig ist, die Nebenwirkungen minimal sind und beide Methoden von den Frauen hochgradig akzeptiert werden. Weitere Studien sind nötig, um die optimale Dosis von Mifepriston für diese Anwendung zu finden.
Zusammenfassender Kommentar
Die Studie zeigt, dass Mifepriston in geringer Dosierung als Notfallkontrazeptivum eingesetzt werden kann. Allerdings war die Zahl der eingeschlossenen Frauen wegen Rekrutierungsproblemen zu gering. Bereits 2002 wurde von der WHO eine doppelblind randomisierte Multizenterstudie publiziert, die Mifepriston (1 x 10 mg), Levonorgestrel (2 x 750 mg, 12 Std. Intervall) und Levonorgestrel (1 x 1.5 mg) verglichen hat und keinen signifikanten Unterschiede bezüglich Schwangerschaftsrate zeigen konnte [1]. Somit ist der Vorteil der Einmaleinnahme auch mit Levonorgestrel vorhanden. Welches der Regime wirklich das beste ist, kann nicht gesagt werden. Wichtiger ist wohl, dass ein optimaler Zugang zur Notfallkontrazeption besteht und dass weitere Massnahmen wie Verhütungsberatung und Beratung/Screening von Geschlechtskrankheiten gewährleistet sind, respektive optimiert werden.
Besprechung von Dr. med. Matthias Streich, Oberarzt, Klinik für Gynäkologie, Universitätsspital Zürich.
Referenzen
1. von Hertzen H, Piaggio G, Ding J, et al. Low dose mifepristone and two regimens of levonorgestrel for emergency contraception: a WHO multicentre randomised trial. Lancet 2002; 360:1803-10.
Obstet Gynecol 2004;104:1307-13. - H. Hamoda et al
07.06.2005 - dde