Nicorandil bei Angina pectoris
Stellenwert von Nicorandil bei der Verhinderung von kardialen Komplikationen.
Titel
Effect of nicorandil on coronary events in patients with stable angina: the Impact Of Nicorandil in Angina (IONA) randomised trial.
Autoren
The IONA Study Group (Henry J. Dargie, Glasgow).
Quelle
Lancet 2002; 359: 1269-75
Abstract |
Fragestellung
Verbessert Nicorandil die Prognose bei Patienten mit stabiler Angina pectoris und hohem Risiko zu ischämischen kardialen Ereignissen?
Hintergrund
Die Prävalenz der Angina pectoris beträgt 2.3 – 5.1% bei Männern zwischen 40-59 J., bei über 60-jährigen mehr als 10%. Angina pectoris als wichtiger Hinweis auf eine koronare Herzkrankheit (KHK) ist mit erheblicher Morbidität und Mortalität verbunden. Im UK sind 25% (in der Schweiz um 30%) aller Todesfälle auf KHK zurückzuführen.
Nicorandil (CH: Dancor) hat einen dualen Wirkungsmechanismus: Es öffnet ATP-abhängige Kaliumkanäle und hat ausserdem eine Nitrat-ähnliche Wirkung, was zu einer Dilatation peripherer und koronarer Arteriolen führt. Dadurch wird der Blutfluss insgesamt verbessert und die Vor- und Nachlast gesenkt.
Methoden
Studiendesign
Randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie. Die Randomisierungsmethode ist beschrieben. Die Analyse erfolgte nach dem Intention-to-treat Prinzip.
Setting
5’126 Patienten von 226 Zentren im UK (Spitäler und Allgemeinpraxen) wurden in die Studie einbezogen.
Einschlusskriterien
Als Haupteinschlusskriterien für die KHK-Patienten (Männer > 45 J., Frauen > 55 J.) galten:
- vorangehender Myokardinfarkt
- vorangehende koronare Bypass-Operation
- durch Angiographie bestätigte KHK oder dokumentierter pathologischer Belastungstest in den letzten 2 Jahren und Erfüllung von 1 von 6 weiteren Kriterien (z.B. LVH, Diabetes mellitus, Hypertonie, Stroke)
Ausschlusskriterien
- Begleittherapie mit Sulfonylharnstoffen
- kardiovaskuläre Instabilität
- gleiche Ausschlusskriterien wie in vorangehender IONA Studie (Heart 2001;85:E9)
Intervention
- Nicorandil-Gruppe: bisherige antianginöse Therapie (Thrombozytenaggregationshemmer, Nitrate, Betablocker, Kalziumantagonisten) und Nicorandil 2 Wochen 2 x 10 mg, dann 2 x 20 mg täglich
- Placebo Gruppe: bisherige antianginöse Therapie und Placebo während der ganzen Studiendauer
Primärer Endpunkt
Kombinierter Endpunkt aus:
- Tod aufgrund der KHK
- nicht-tödlichem Myokardinfarkt oder akuter Hospitalisation wegen Brustschmerzen
Sekundäre Endpunkte
- Tod aufgrund der KHK
- nicht-tödlicher Myokardinfarkt
Weitere Ergebnisse der Studie waren u.a. alle kardiovaskulären und zerebrovaskulären Ereignisse.
Beobachtungsdauer
Im Durchschnitt 1.6 J. (SD 0.5): Einschluss der Patienten ab Mai 1998 und August 2000, Abschluss im August 2001.
Resultate
Basisdaten
Die beiden Gruppen sind in bezug auf Alter und die medikamentöse Basisbehandlung vor Randomisierung vergleichbar. 76% waren Männer, 8 bzw. 9% Diabetiker, 46 bzw. 47% Hypertoniker, 16 bzw. 17% Raucher. 66% hatten bereits einen Myokardinfarkt.
Patienten
Gruppenvergleich der Endpunkte
Siehe Tabelle 1
Diskussion durch die Autoren
Die Autoren der Studie sehen eine signifikante Verbesserung der Morbidität und Mortalität der Nicorandil-Gruppe in bezug auf den primären Endpunkt (Tod durch KHK, nicht-tödlicher Myokardinfarkt, akute Hospitalisation wegen Brustschmerzen), wobei diese 3 Komponenten alle weniger häufig als in der Placebo-Gruppe waren. In den sekundären Endpunkten (Myokardinfarkt, Herztod) war ein nicht signifikanter Unterschied zu verzeichnen zugunsten der Nicorandil-Gruppe. In der Nicorandil-Gruppe erfolgten 10% mehr Studienabbrüche, was vorwiegend wegen Klagen über Kopfschmerzen erfolgte. Dies könnte tendenzmässig zu einer Beeinträchtigung des Studienresultates führen. Die IONA-Studie wird als erste Langzeitstudie mit einem spezifischen antianginösen Medikament an einem repräsentativen Patientenkollektiv dargestellt. Ähnliche Studien über andere antianginöse Medikamente (Nitrate, Betablocker, Kalziumantagonisten) seien nicht konklusiv gewesen.
Zusammenfassender Kommentar
In der zweiten grossen Studie der IONA Study Group wird überzeugend dargestellt, dass Nicorandil als Medikament zur Behandlung der Angina pectoris in der Lage ist, kardiale Komplikationen der KHK signifikant zu vermindern.
Besprechung von Dr. med. N. Egli, Hinwil
Lancet 2002; 359: 1269-75 - The IONA Study Group
11.02.2004 - dde