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ICD vs. Standardtherapie zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes

Primärprophylaxe bei nicht ischämischer Kardiomyopathie (DEFINITE).

Titel

Prophylactic Defibrillator Implantation in Patients with Nonischemic Dilated Cardiomyopathy.

 

Autoren

Kadish A, Dyer A, James P, Daubert JP, Quigg R, Estes M, Anderson KP, Calkins H, Hoch D, Goldberger J, Shalaby A, Sanders WE, Schaechter A, Levine JH for the DEFINITE Investigators.

 

Quelle

NEJM 2004;350:2151-8

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Ändert sich die Mortalität bei Patienten mit mittelschwer bis schwer reduzierter linksventrikulärer Funktion bei nicht ischämischer Kardiomyopathie (DCM = Dilatative Kardiomyopathie), wenn sie neben der medikamentösen Standardtherapie prophylaktisch einen implantierbaren Kardioverter/Defibrillator (ICD) implantiert bekommen?

 

Hintergrund

Trotz der Therapie mit Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren (ACE-Hemmer) und Betablockern, die das Überleben von Patienten mit nicht ischämischer Kardiopathie verbessern, ist das erhöhte Risiko den plötzlichen Herztod zu sterben nicht eliminiert. Alle bisherigen Studien konnten in kleinen Patientengruppen keinen Vorteil für den ICD bei Patienten mit schwer eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (LVEF) und DCM zeigen (CAT = The Cardiomyopathy Trial [1], AMIOVIRT = Amiodarone Versus Implantable Cardioverter-Defibrillator [2]).

 

Methoden

Studiendesign

Die Studie wurde als prospektive, randomisierte Multizenterstudie angelegt. Sie wurde randomisiert mit zwei Therapiearmen (medikamentöse Standardtherapie mit und ohne ICD) durchgeführt.

 

Setting

Diverse US-amerikanische Zentren schlossen zwischen Juli 1998 und Juni 2002 458 Patienten ein. Das Follow-up endete am 25.5.2003.

 

Einschlusskriterien

Symptomatische Herzinsuffizienz bei DCM (angiographisch oder per Belastungstest Ausschluss einer relevanten koronaren Herzerkrankung), LVEF < 36% und Arrhythmien als nicht anhaltende Kammertachykardien (NSVT, 3-15 konsekutive Schläge > 120/min) oder mindestens 10 ventrikuläre Extraschläge pro Stunde im 24-Stunden EKG.

 

Ausschlusskriterien

New York Heart Association (NYHA) Klasse IV, Indikation für einen ICD, stattgehabte invasive elektrophysiologische Untersuchung oder Schrittmacherträger.

 

Intervention/Therapie

Alle Patienten sollten ACE-Hemmer oder bei Unverträglichkeit ATII-Blocker oder Hydralazin und Nitrate erhalten sowie Carvedilol als erste Wahl eines Betablockers. Amiodaron wurde nur zur Therapie von Vorhofflimmern oder anderen symptomatischen supraventrikulären Tachykardien zugelassen. Diuretika oder Digoxin wurden bei Symptomtherapie der Herzinsuffizienz zugelassen.

 

ICD: Konventionelle Implantation ohne Thorakotomie wurde erfolgreich bei 227 von 229 randomisierten Patienten durchgeführt. Der ICD wurde auf eine Tachykardiedetektionsgrenze von 180/min programmiert mit einer Schrittmacherstimulation von 40/min VVI.Modus.

 

Primärer Endpunkt

Gesamtmortalität.

 

Sekundäre Endpunkte

Plötzlicher Herztod aufgrund einer Rhythmusstörung.

 

Beobachtungsdauer

29.0 ± 14.4 Monate.

 

Resultate

In der ICD-Gruppe starben weniger Patienten als in der Kontrollgruppe (28 in Vergleich zu 40 Patienten), dieser Unterschied war aber nicht signifikant. Bezüglich des sekundären Endpunktes gab es signifikant weniger plötzliche Herztode in der ICD-Gruppe (3 im Vergleich zu 14, p = 0.006). Die Subgruppenanalyse war nicht dafür ausgelegt, Unterschiede innerhalb der Gruppen zu differenzieren, zeigte aber, dass bezüglich der Gesamtmortalität Männer und Patienten mit einer LVEF Ž 20% oder NYHA-III-Klassifikation eher von einem ICD profitierten.

 

In der ICD-Gruppe wurden bei 41 Patienten 91 adäquate Schockabgaben registriert, 49 Patienten erhielten inadäquate Schocks, zumeist wegen Vorhofflimmerns oder Sinustachykardien. Bei der ICD-Implantation traten 3 Komplikationen auf (1.3%, Hämatothorax, Pneumothorax und Herzbeuteltamponade je einmal). Keiner der Patienten verstarb im Rahmen der ICD-Operation. Im Verlauf traten bei 4.4% der Patienten Komplikationen auf (die oben erwähnten inadäquaten Therapien nicht mitgezählt): 6 Sondendislokationen, 3 venöse Thrombosen und eine Infektion. Ein Patient bekam seinen ICD auf Wunsch explantiert, einer ausgeschaltet.

 

Dreizehn Patienten wurden im Verlauf mit einem biventrikulären Schrittmachersystem versorgt und 2 bekamen wegen Sinusknotendysfunktion ein Zweikammersystem.

 

Diskussion durch die Autoren

Diese Studie zeigt eine jährliche Todesrate von 7% bei nach Standard therapierten Patienten mit schwer eingeschränkter LVEF aufgrund einer nicht ischämischen Kardiomyopathie. Die Reduktion der Gesamtmortalität durch den ICD war nicht signifikant. Lediglich der plötzliche Herztod wegen Arrhythmien konnte reduziert werden. Der Mortalitätsunterschied in den Gruppen kam fast ausschliesslich durch den Unterschied am plötzlichen arrhythmischen Herztod zustande. Insgesamt war die Zahl der am plötzlichen Herztod verstorbenen Patienten niedriger als erwartet. Dieses führen die Autoren auf die hohe Compliance bezüglich der Einnahme von ACE-Hemmern und Betablockern zurück. Amiodaron wurde in dieser Studie vermieden, da bisherige Studien keinen Benefit für dieses Medikament postulieren konnten und es somit nicht zur Standardtherapie gehört. Es könnte allenfalls die Titrierung von Betablockern einschränken. Betablocker hingegen haben einen Überlebensvorteil erwirken können und wurden daher empfohlen. Auf Aldosteronantagonisten wurde bei den Patienten der Klassen NYHA I-III verzichtet, da zum Zeitpunkt der Studienplanung hier kein Nutzen nachgewiesen werden konnte.

 

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der ICD bei Patienten mit DCM nicht zur Standardtherapieempfehlung zählen kann, dass aber einzelne Patienten von dem ICD profitieren können und daher bei jedem Patienten einzeln die ICD-Implantation diskutiert werden sollte.

 

Zusammenfassender Kommentar

Erneut hat eine Studie bei DCM-Patienten mit eingeschränkter LVEF keinen signifikanten Überlebensvorteil durch den ICD erbracht. Insgesamt muss auch bemerkt werden, dass mehr Patienten inadäquate Schocks als adäquate Schocks bekommen haben. Die ICD-Interventionsfrequenz war auf 180/min programmiert. Es bedeutet also nicht, dass jeder adäquate ICD Schock auch gleichzusetzen ist mit einem verhinderten plötzlichen Herztod, da eine Kammertachykardie von 180/min durchaus ohne Reanimation überlebt werden kann.

 

Eine generelle Empfehlung der ICD-Implantation bei DCM-Patienten kann auch nach dieser Studie nicht gegeben werden, auch wenn sich Trends zugunsten des ICD zeigen. Abzuwarten sind die noch nicht veröffentlichten Ergebnisse der SCD-HeFT-Studie (Sudden Cardiac Death in Heart Failure Trial), in der sowohl DCM-Patienten als auch Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie behandelt wurden. Wichtig erscheint die im Rahmen dieser Studie konsequent erreichte optimale medikamentöse Therapie der Kardiomyopathiepatienten, die zu einer Mortalität führte, die geringer war als befürchtet. Insgesamt ist die Gruppe der nicht ischämischen DCM-Patienten mit eingeschränkter LVEF sicherlich keine Entität bzgl. der Genese ihrer Erkrankung und inwieweit der ICD eventuell einzelnen Subgruppen nützen kann, wird in Zukunft noch zu evaluieren sein.

 

 

Besprechung von Dr. med. Nicola Schwick, Schweizer Herz- und Gefässzentrum Bern, Universitätsklinik Inselspital, Bern.

NEJM 2004;350:2151-8 - A. Kadish et al

03.10.2004 - dde

 
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