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Ernährung und Risiko für Gicht

Welche Nahrungsmittel beeinflussen das Gichtrisiko?
Titel

Purine-rich foods, dairy and protein intake, and the risk of gout in men.

 

Autoren

Choi Hyon K, Atkinson Karen, Karlson Elizabeth W, Willett Walter, Curhan Gary

 

Quelle

N Engl J Med 2004; 350 :1093-1103

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Stellen Nahrungsmittel wie Fleisch, Meeresfrüchte, purinreiche Gemüse und tierisches Eiweiss ein Risiko für das Auftreten einer Gicht dar? Stellen dagegen Milchprodukte einen Schutz gegen Gicht dar?

 

Hintergrund

Purinreiche Nahrungsmittel und ein hoher Eiweisskonsum gelten als Risikofaktoren für eine Gicht. Dagegen scheint die regelmässige Einnahme von Milchprodukten das Gichtrisiko zu senken. In der vorliegenden Studie wird der Zusammenhang zwischen Ernährung und Auftreten einer Gicht bei einer grossen Kohorte prospektiv untersucht.

 

Methoden

Studiendesign

Prospektive Kohortenstudie, wobei mittels Fragebogen regelmässig die Ernährungsgewohnheiten und das Auftreten einer Gichtarthritis erfasst wurden.

 

Studienpopulation
  • 51’529 männliche Angehörige aus Gesundheitsberufen (Health Professionalls Follow-up Study) zwischen 40 und 75 Jahre am Studienbeginn 1986
  • Fragebogen für Ernährungsgewohnheiten
    - Semiquantitativer Fragebogen, der die Einnahme von 130 Nahrungsmittel und Getränke im vorangehenden Jahr erfasst
    - Erfassung alle vier Jahre
  • Fragebogen für Gichtarthritis
    - Ärztliche Diagnose einer Gichtarthritis oder Angabe von Gelenksymptomen und -befunden, welche typisch sind für eine Gichtarthritis
    - Erfassung alle zwei Jahre
  • Fragebogen für zusätzliche Risikofaktoren
    - Body Mass Index (BMI)
    - Medikation (insbesondere Diuretika)
    - Komorbidität (insbesondere Hypertonie und Niereninsuffizienz)
    - Erfassung alle zwei Jahre
Beobachtungsdauer

Zwölf Jahre.

 

Resultate

Es traten 730 neue Fälle von Gichtarthritis auf (88% Grosszehengrundgelenk, 35% Vorfuss, 11% Tophi, 72% Hyperurikämie). Nur bei 11% aller Fälle wurde das Gelenkpunktat untersucht und war in 65% positiv für Harnsäurekristalle.

 

Vergleich der Nahrungsmittelgruppen

Multivariates relatives Risiko zwischen tiefster und höchster Quentile (eingenommene Menge der aufgeführten Nahrungsmittel): siehe Tabelle 1

 

Zusammenfassung
  • Gichtrisiko erhöht: Fleisch, Meeresfrüchte
  • Gichtrisiko nicht erhöht: purinreiches Gemüse und Gesamteiweiss
  • Gichtrisiko vermindert: Milchprodukte, vor allem für Magermilchprodukte
Zusatzfaktoren

Kein Zusammenhang der einzelnen Nahrungsmittelgruppen mit dem BMI oder Alkoholkonsum (Ausnahme: die Einnahme von Meeresfrüchten führt bei der Gruppe mit einem BMI unter 25 verglichen mit der Gruppe mit einem BMI über 25 zu einem erhöhten Gichtrisiko).

 

Diskussion durch die Autoren

Ein erhöhtes Risiko für eine Gicht besteht bei einem grösseren Konsum von Fleisch und Seefrüchten, jedoch nicht bei hohem Konsum von purinreichen Gemüsen und Eiweiss. Hingegen scheint das Gichtrisiko durch die Aufnahme von Milchprodukten, vor allem wenn sie aus Magermilch hergestellt wurden, vermindert. Der Zusammenhang zwischen diesen Nahrungsmittelgruppen und der Gicht besteht unabhängig vom Alter, BMI, Alkoholkonsum, Diuretikaeinnahme und Zusatzerkrankungen wie Hypertonie und Niereninsuffizienz. Die Empfehlung auf purinreiche Nahrungsmittel zu verzichten, scheint zumindest für Lebensmittel vegetarischen Ursprunges nicht zuzutreffen. Ebenso ist die Menge der Eiweissaufnahme nicht mit einem Gichtrisiko verbunden. Im Gegenteil können Milchprodukte, vor allem hergestellt aus Magermilch, durch den urikosurischen Effekt der Milchproteine vor einer Gicht schützen.

 

Zusammenfassender Kommentar

Die Arbeit dokumentiert den Zusammenhang zwischen Ernährungsgewohnheiten und einer Gichtarthritis bei einer selektierten Population von Männern über 40 Jahre. Dabei können bekannte Risikofaktoren, wie regelmässiger Konsum von Fleisch und Meeresfrüchten, bestätigt werden. Hingegen scheinen purinreiche Gemüse (z.B. Bohnen, Linsen, Spinat) und Eiweisse das Gichtrisiko nicht zu erhöhen. Einschränkend muss festgehalten werden, dass wie bei allen Fragebogenuntersuchungen die Diagnose einer Gichtarthritis, vor allem auf anamnestischen Angaben beruht und nur selten durch den Nachweis von Harnsäurekristallen im Gelenkpunktat gesichert wurde. Ebenso wurden bei der Komedikation offenbar nur die Diuretika erfasst – Aspirin, welches ebenfalls eine Hyperurikämie verursachen kann, hingegen nicht. In dieser untersuchten Studienpopulation dürften jedoch eine nicht unbeträchtliche Anzahl Teilnehmer regelmässig Aspirin aus kardiovaskulärer Indikation einnehmen. Auch die Erfassung nur des gesamten Alkoholkonsums ist alleine wenig aussagekräftig, da verschiedene alkoholische Getränke den Harnsäurespiegel und damit wahrscheinlich auch das Auftreten einer Gicht unterschiedlich beeinflussen können. Dass normalgewichtige Personen bei einem Konsum von Meeresfrüchten ein erhöhtes Gichtrisiko im Vergleich zu Übergewichtigen aufweisen, bleibt unklar.

 

Die Arbeit untermauert dennoch wissenschaftlich den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gichtrisiko und kann im klinischen Alltag hilfreich bei der Betreuung von Risikopatienten sein.

 

 

Besprechung von Dr. med. Pius Brühlmann, Leitender Arzt, Rheumaklinik und Institut für Physikalische Medizin, Universitätsspital Zürich.

NEJM 2004;350:1093-1103 - H. K. Choi et al

07.02.2005 - dde

 
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