Die AWESOME-Studie
Perkutane Intervention vs. Bypasschirurgie bei instabilen Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion.
Titel
Outcome of percutaneous coronary intervention versus coronary bypass grafting for patients with low left ventricular ejection fractions, unstable angina pectoris, and risk factors for adverse outcomes with bypass (the AWESOME Randomized Trial and Registry).
Autoren
Sedlis SP, Ramanathan KB, Morrison DA, Sethi G, Sacks J, Henderson W.
Quelle
Am J Cardiol. 2004 Jul 1;94(1):118-20
Abstract |
Fragestellung
Gibt es bezüglich Mortalität, Symptomfreiheit und Reintervention einen Unterschied zwischen instabilen Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion, die mittels perkutaner Intervention oder koronarer Bypassoperation revaskularisiert wurden?
Hintergrund
Bisher wurde bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und eingeschränkter LV-Funktion aufgrund nicht-randomisierter Studien und internationaler Behandlungsrichtlinien die Bypasschirurgie vor der perkutanen Intervention favorisiert [1-11]. Randomisierte Studien bei instabilen Patienten mit normaler LV-Funktion haben einen Vorteil der perkutanen Intervention gegenüber der Bypassoperation belegen können [12,13]. Da jedoch Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion systematisch von der Studienteilnahme ausgeschlossen wurden, gab es bisher keine verlässliche Daten über diese Patientenpopulation.
Die multizentrische, randomisierte AWESOME-Studie untersuchte speziell Hochrisikopatienten mit akutem Koronarsyndrom, die entweder perkutan oder durch eine Bypasschirurgie revaskularisiert wurden. Die Subanalyse der Daten bei Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion wird im folgendem Beitrag beschrieben und diskutiert.
Methoden
Studiendesign
In dieser Multizenterstudie [14] wurde ein Teil der Patienten für die perkutane Intervention oder die Bypasschirurgie randomisiert. Die übrigen Patienten wurden über ein Register verfolgt.
Setting
In 16 Zentren wurden von 1995 bis 2000 total 2’431 Patienten in die Studie eingeschlossen. 446 Patienten hatten eine Auswurffraktion unter 35%. Eine Randomisation war in 94 Patienten möglich (Zustimmung durch Herzchirurg und interventionellen Kardiologen, Einverständnis des Patienten). Der Verlauf der verbleibenden 352 Patienten, bei denen die Behandlungsmethode entweder durch den Arzt oder durch den Patienten gewählt wurde, konnte über ein Register verfolgt werden.
Einschlusskriterien
- Nachweis myokardialer Ischämie unter ausgebauter Medikation
- Mindestens ein Risikofaktor für ungünstigen Krankheitsverlauf: Alter > 70 Jahre; Zustand nach Bypassoperation; linksventrikuläre Auswurffraktion > 35%; Myokardinfarkt innerhalb der letzten 7 Tage; Notwendigkeit einer Ballonpumpe
Ausschlusskriterien
Ablehnung des Patienten durch interventionelle Kardiologen oder Herzchirurgen nach der Koronarangiographie.
Intervention/Therapie
- Perkutane Intervention: Ballondilatation mit oder ohne Stenteinlage, periinterventionelle Medikation und Blutdruckunterstützung (z.B. Ballonpumpe) nach Wahl des Kardiologen
- Koronare Bypasschirurgie: Keine Vorgaben bezüglich Art des Grafts (Vene oder Arterie), Zugang (Sternotomie, Thorakotomie), Kardioplegie, usw.
- Follow-up: Alle 6 Monate in beiden Gruppen
Primärer Endpunkt
Gesamtmortalität.
Sekundäre Endpunkte
Erneute Angina pectoris, erneute Revaskularisation.
Beobachtungsdauer
Drei Jahre.
Resultate
Vergleicht man Patienten, die für eine Behandlungsform randomisiert wurden mit den Patienten, deren Verlauf über das Register verfolgt wurde, so hatten die randomisierten Patienten signifikant weniger hochgradige Stenosen, weniger vorausgehende Bypassoperationen, weniger 3-Gefässerkrankungen und weniger Totalverschlüsse. Zwischen den Behandlungsgruppen sowohl bei randomisierten Patienten als auch bei Patienten, deren Verlauf über das Register verfolgt wurde, gab es jedoch keine wesentliche Unterschiede bezüglich dem Risikoprofil (Alter, Zustand nach Infarkt, Diabetes, Hypertonie, Nikotinkonsum, Anzahl der stenosierten Gefässe, Auswurffraktion, usw.).
Bezüglich des primären Endpunktes (Mortalität) und der sekundären Endpunkte (erneute Angina pectoris, erneute Revaskularisation) konnten nach 36 Monaten Beobachtungszeitraum keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten, die mittels Bypassoperation oder mittels perkutaner Intervention revaskularisiert wurden, nachgewiesen werden.
Diskussion der Studie
Diese Studie, die zum erstenmal eine grosse Anzahl von instabilen Patienten mit koronarer Herzerkrankung und eingeschränkter Auswurffraktion für eine perkutane Intervention oder eine Bypassoperation randomisieren konnte, ergab keinen Benefit für die Bypassoperation. Damit können die Annahmen aus den bisherigen nicht randomisierten Studien, die ein Vorteil der Bypassoperation vor der perkutanen Intervention vermuten liessen, nicht bestätigt werden [1-11]. Es ist zudem zu erwarten, dass sich bei zukünftigen Studien die Resultate der Patienten, die mittels perkutaner Intervention behandelt werden, weiter verbessern. Zur Zeit des Studieneinschlusses (1995-200) wurden nur knapp 50% der Stenosen mit einem Stent versorgt und die Verwendung von modernen Glycoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorblocker war sehr gering. «Drug eluting» Stents standen zu dieser Zeit zudem noch nicht zur Verfügung.
Zusammenfassender Kommentar
Aufgrund der Studienergebnisse, der kürzeren Hospitalisationszeit und der neuen Entwicklungen in der interventionellen Kardiologie sollten heutzutage instabile Patienten mit koronarer Herzerkrankung und eingeschränkter Auswurffraktion möglichst mittels perkutaner Intervention behandelt werden.
Besprechung von Dr. med. Michael Billinger, Schweizer Herz- und Gefässzentrum Bern,
Universitätsklinik Inselspital, Bern.
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14. Sedlis Sp Fau – Ramanathan, K.B., et al., Outcome of percutaneous coronary intervention versus coronary bypass. Am J Cardiol, 2004. 94(1): p. 118-20.
Am J Cardiol 2004;94:118-20 - S. P. Sedlis et al
04.10.2004 - dde