Betablocker und AT II-Blocker bei LVH
Betablocker wie AT II-Blocker verringern die linksventrikuläre Hypertrophie: Bedeutung noch unklar.
Titel
Change of left ventricular geometric pattern after 1 year of antihypertensive treatment: The Losartan Intervention For Endpoint reduction in hypertension (LIFE) study.
Autoren
Kristian Wachtell, MD, PhD, Bjöm DahIöf, MD, PhD, Jens Rokkedal, MD, Vasilious Papademetriou, MD, Markku S. Nieminen, MD, Gunnar Smith, MD, Eva Gerdts, MD, PhD, Kurt Roman, MD, Jonathan N. Bella, MD, and Richard B. Devereux, MD.
Quelle
Am Heart J 2002; 144: 1057-64
Abstract |
Fragestellung
Wie beeinflusst eine einjährige Behandlung mit einem AT II-Blocker oder einem Betablocker das Echokardiogramm einer vorbestehenden linksventrikulären Hypertrophie (LVH)?
Hintergrund
Die LVH ist ein bedeutsamer Risikofaktor für Folgeschäden einer arteriellen Hypertonie. Sie hat oft eine grössere Bedeutung als die bisher geläufigen Risikofaktoren. Die echokardiografisch unterscheidbaren Untergruppen der LVH korrelieren mit unterschiedlichem Risiko. Die konzentrische Hypertrophie mit sowohl LVH wie erhöhter relativer Wanddicke zeigt das grösste Risiko. Bei exzentrischer Hypertrophie (LVH mit normaler Wanddicke) sinkt das Risiko etwas. Bei konzentrischem Remodeling (Wanddickenzunahme bei normaler LV Masse) findet sich die geringste Risikoerhöhung.
Reduktion oder Verhinderung einer LVH ist damit zu einem anerkannten Ziel der Hypertoniebehandlung geworden. Die vorliegende Teilstudie des grösseren LIFE-Projekts untersucht, wie weit sich in einer Untergruppe nach einem Jahr eine Veränderung der Hypertrophie mittels Echokardiografie nachweisen lässt und sucht nach erklärenden Faktoren dafür.
Methoden
Studiendesign
Es handelt sich um eine Substudie der LIFE-Studie. Die LIFE-Studie verglich mit einem randomisierten, doppelblinden Design den Effekt von Losartan und Atenolol auf die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität bei hypertonen Patienten. Die vorliegende Substudie untersucht in einer Subkohorte der LIFE-Studienpopulation den Effekt der antihypertensiven Behandlung (Losartan oder Atenolol) auf die echokardiografischen Dimensionen vor Beginn und vor Beendigung (d.h. vor Aufhebung der Verblindung) einer randomisierten Behandlung mit AT II-Blocker respektive Betablocker.
Setting
Innerhalb der LIFE-Studie (Losarten Intervention For Endpoint reduction in hypertension) wurde eine repräsentative Untergruppe mittels Echokardiografie vor Studienbeginn und nach einem Jahr unter der verblindeten Therapie untersucht.
Einschlusskriterien
Voraussetzung war eine Hypertonie mit LVH. Diese wurde definiert als Cornell Voltage von mindestens 2240 mV x ms oder als Sokolow-Lyon-Wert von über 38 mV. Ausgewählt wurden rund 10% der Mutterstudienteilnehmer derart, dass sie Kofaktoren – wie Blutdruck, Bodymass-Index oder Diabeteshäufigkeit – der Hauptstudie abbildeten, mit Ausnahme des Geschlechts.
Ausschlusskriterien
Von 963 Patienten dieser Studie konnten 168 oder mehr als einer von sechs nicht aufgenommen werden. Entweder fehlten die nötigen echokardiografischen Messungen zu Beginn oder bei Studienende, die Patienten waren im Studienverlauf verstorben oder sie waren nicht in der Lage, zu kooperieren. Weiter ausgeschlossen wurden Teilnehmer kurz nach Myokardinfarkt, auch solche mit bekannter Herzinsuffizienz, mit einer Auswurffraktion < 40% oder mit deutlicher Niereninsuffizienz. Die Ausgeschlossenen waren etwas älter als die Eingeschlossenen. Sie unterschieden sich in weiteren wichtigen Faktoren jedoch nicht von den Teilnehmern.
Intervention
Über ein Jahr Behandlung innerhalb der LIFE-Studie mit den Studiensubstanzen Losartan oder Atenolol, teils mit zusätzlichen Thiaziden oder Calziumantagonisten.
Primäre Endpunkte
Prozentuale Veränderung von enddiastolischen linksventrikulären Dimensionen im Echokardiogramm und Veränderung des Doppler-Schlagvolumens innerhalb der Studiendauer. Daraus errechnete Indices, standardisiert auf die Körpergrösse.
Sekundäre Endpunkte
Keine.
Beobachtungsdauer
Ein Jahr.
Resultate
Basisdaten
Die Patienten der Multizenterstudie waren durchschnittlich 66 Jahre alt, 41% der Teilnehmer waren weiblich.
Gruppenvergleich der Endpunkte
Die Hauptstudie läuft weiter. Welche der hier Nachkontrollierten zum Angiotensin II- oder zum Kontrollkollektiv gehören, ist noch nicht bekannt. Eine Aussage über eine spezifische Wirkung einer bestimmten Substanz lässt sich damit noch nicht ziehen.
Der Blutdruck liess sich mit den beiden Studiensubstanzen innerhalb eines Jahres deutlich von 174/151 mm Hg um 22/11 mm auf 151/84 mm senken. Sämtliche echokardiografischen Messwerte der LVH sanken im Durchschnitt signifikant. Vor allem die Häufigkeit der prognostisch ungünstigen konzentrischen LVH reduzierte sich von 24% auf 6%. Bei Studienbeginn zeigten nur 21% der Untersuchten eine normale Geometrie des Ventrikels. Dieser Anteil stieg unter der Behandlung mit den beiden Studiensubstanzen innert Jahresfrist auf 51%.
Mit einer Regressionsanalyse zeigen die Autoren einen Einfluss des Dopplerschlagvolumens auf die Beeinflussung der LVH. Dieser Teil lässt sich mit den dargestellten Informationen nicht nachvollziehen.
Diskussion durch die Autoren
Antihypertensive Behandlung mit den beiden Studiensubstanzen verbessert eine vorbestehende LVH. Die Autoren betonen die Beobachtung, dass bei Hypertoniekranken nicht nur die Blutdrucksenkung, sondern auch das gesenkte Dopplerschlagvolumen statistisch korreliert mit dem Rückgang der vorbestehenden LVH. Die konzentrische Hypertrophie liess sich deutlich erfolgreicher angehen als die beiden anderen Unterformen. Diejenigen mit exzentrischer LVH zeigten in 55% keine Veränderung der Pathologie.
Zusammenfassender Kommentar
Bemerkungen zum Studiendesign und Beschreibung
Es werden nur Teile des Studienprozedere dargestellt. Immer wieder wird verwiesen auf die Beschreibung der Hauptstudie. Dies macht die Verständlichkeit der Arbeit nicht einfach. Es wird auch nicht angegeben, wie viele Patienten noch Zusatzmedikationen erhalten haben, um den Zielblutdruck zu erreichen.
Endpunkte in dieser Publikation sind echokardiografische Befunde wie Wanddicke des Ventrikels und linksventrikuläre Masse. Wenn eine Regressionsanalyse zeigte, dass ein vermindertes Dopplerschlagvolumen mit der Verbesserung der LVH korreliert, kann dieser Befund die Hypothesenbildung anregen. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits eine Publikation mit mehrfacher Nennung einer Substanz unumgänglich sei, wird wohl unterschiedlich beurteilt.
Die hier beschriebenen Verbesserungen echokardiografischer Messwerte sind beim gegenwärtigen Wissen typische Surrogatmarker. Die Verringerung des Risikofaktors LVH verlockt zu einer Gleichsetzung mit einer Verringerung des harten Endpunkts Myokardinfarkt. Diese pathophysiologisch «logische» Annahme ist mit der vorliegenden Studie leider noch nicht bewiesen. Ob sich die nachgewiesene Reduktion der echokardiografischen Dimensionen auch in einer deutlichen Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse niederschlägt, bleibt vorläufig noch offen.
Aufgrund anderer Teilauswertungen der LIFE-Studie ist eine Überlegenheit eines Angiotensin II-Blockers über einen Betablocker anzunehmen. Die absolute Risikoreduktion scheint jedoch mässig zu sein. Über die number needed to treat wissen wir noch wenig. Dass Studienteilergebnisse und Zwischenauswertungen publiziert werden, bevor eine vollständige Auswertung vorliegt, sollte vorläufig zu einer gewissen Vorsicht beim Leser führen. Möglicherweise verändern sich die Proportionen anlässlich der Publikation der Endauswertung.
Besprechung von Dr. med. Urs Berner, Basel
Am Heart J 2002; 144: 1057-64 - K. Wachtell et al
18.02.2004 - dde