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Hodentumore

Symptomkontrolle

Hodentumore sind die häufigsten soliden Tumore bei Männern zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr. Die Inzidenz liegt in der Schweiz bei ca. 10.6/100’000 Männern/Jahr und ist damit hinter Dänemark die höchste weltweit [1,2]. Als Risikofaktoren gelten eine Anamnese von Kryptorchismus, positive Familienanamnese, Syndrome, welche mit einer Infertilität assoziiert sind (z.B. Klinefeltersyndrom, Trisomie 21) sowie der Nachweis einer intratubulären Keimzellneoplasie. Über 90% der Hodentumore sind Keimzelltumore (Seminome und Nicht-Seminome), ca. 3-5% sind Stromazelltumore des Hodens und selten sind Metastasen für Raumforderungen des Hodens verantwortlich.

 

Klinische Präsentation

Als häufigstes Leitsymptom führt eine schmerzlose Hodenschwellung den Patienten zum Arzt. Ca. 30-40% der Patienten geben unspezifische Schmerzen im Unterbauch oder Genitaltrakt an; 10% verspüren akute Schmerzen skrotal, wobei die Abgrenzung gegenüber einer Torsion oder Nebenhodenentzündung gelegentlich Mühe bereiten kann. In rund 10% der Fälle führen Beschwerden einer bereits erfolgten Metastasierung (Schwellung im Halsbereich, Rück-
enschmerzen bei retroperitonealen Lymphknotenmetastasen, Husten und Dyspnoe bei pulmonalem Befall, ZNS Symptome, Gewichtsverlust u.a.m.) zu weiteren Abklärungen und zur Diagnosestellung.

 

Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung stellen die wichtigsten initialen Abklärungsschritte dar. Die vergleichende Palpation beider Hoden mit Beurteilung von Konsistenz, Grösse, Dolenz sowie Oberflächenbeschaffenheit und Verschieblichkeit gehen der weiteren Untersuchung des Abdomens und der Palpation der Lymphknotenstationen voran. Zur Ergänzung wird eine Sonographie des Hodens mit hochauflösender Sonde durchgeführt.

 

Zur Diagnostik, zum Staging aber auch zur Verlaufskontrolle und Prognose nach erfolgter Therapie müssen zudem zwingend die Tumormarker Alpha-Foetoprotein (AFP), Beta-Humanes-Choriongonadotropin (b-HCG) sowie die Laktatdehydrogenase (LDH) präoperativ bestimmt werden. Bei histologisch bestätigter Diagnose eines Keimzelltumors wird eine Staginguntersuchung mittels Computertomographie von Becken/Abdomen sowie Thorax angeschlossen.

 

Therapie

Als erster therapeutischer Schritt erfolgt die hohe inguinale Semikastration (Absetzung am anulus inguinalis internus) mit gleichzeitiger Biopsie des Gegenhodens zum Ausschluss einer intratubulären Keimzellneoplasie. Bei klinisch manifesten symptomatischen Metastasen sowie erhöhten Tumormarkern kann auch als erste therapeutische Massnahme eine Chemotherapie eingeleitet werden und erst im Verlauf die hohe inguinale radikale Orchiektomie durchgeführt werden.


Die weitere Nachbehandlung richtet sich nach den Resultaten der histologischen Untersuchung, allfällig vorhandenen Risikofaktoren für eine Metastasierung sowie der Staginguntersuchungen. Spätestens vor der Einleitung einer adjuvanten Therapie muss mit dem Patienten die Möglichkeit einer Spermakryokonservierung besprochen und bei nicht abgeschlossener Familienplanung veranlasst werden. Bei der Wahl der adjuvanten Therapie und des Nachkontrollschemas wird auf die Stadiumeinteilung und insbesondere auf die histologische Klassifizierung abgestellt. Dabei werden primär die Seminome von den Nicht-Seminomatösen Keimzelltumore unterschieden und eine entsprechende Einteilung in Prognosekategorien vorgenommen (siehe Tabelle).

 

Bei den Seminomen im Stadium I, d.h. ohne klinisch nachgewiesene Metastasierung, werden Heilungsraten gegen 100% erreicht. Als adjuvante Nachbehandlung der Wahl gilt eine Radiotherapie (mit 20-26 Gy) des Lymphabflussgebietes paraaortal, da diese Tumore sehr radiosensibel sind [4]. Die Rezidivrate kann damit auf 1-3% gesenkt werden. Zunehmend wird beim aufgeklärten Patienten auch eine watchful waiting Strategie empfohlen, wobei die Nachkontrollen sehr engmaschig erfolgen und eine gute Compliance des Patienten vorhanden sein müssen. In rund 15-20% der Patienten kommt es zu einem Rezidiv, welches einer Radio- oder Chemotherapie zugeführt werden kann unter Beibehaltung der sehr hohen Kurrationsrate. Eine prophylaktische Chemotherapie wird zur Zeit nur im Rahmen von Studien durchgeführt.

Bei Seminomen im Stadium II und III, d.h. mit nachgewiesener Lymphknoten- oder Organmetastasierung, wird in der Regel eine Cisplatin basierte Chemotherapie (PEB Schema: Cisplatin, Etoposid und Bleomycin) mit 2-4 Zyklen durchgeführt.

 

Bei den nicht-seminomatösen Keimzelltumoren im Stadium I werden Heilungsraten von über 95% erzielt [5,6]. Engmaschige Nachkontrollen mit Einleiten einer Chemotherapie nur bei Nachweis einer Metastasierung (tritt in Abhängigkeit von Risikofaktoren in 25-30% auf) sind dabei eine Möglichkeit der Nachbehandlung. Eine adjuvante Chemotherapie mit zwei Zyklen einer Chemotherapie nach PEB Schema oder aber eine retroperitoneale Lymphadenektomie sind die anderen Strategien der Nachbehandlung.

 

Im Stadium II und III erfolgt meist zunächst eine Chemotherapie mit 3-4 Zyklen nach PEB Schema. Bei persistierenden Tumormarkern oder grossen residuellen Tumoren muss eine chirurgische Exzision bzw. Exploration nachfolgen. Alternativ kann auch als erstes eine retroperitoneale Lymphadenektomie gefolgt von zwei Zyklen Chemotherapie (PEB) erfolgen.

 

Zusammenfassung

Hodentumore sind die häufigsten malignen Tumore beim jungen Mann. Aus therapeutischen und prognostischen Gründen erfolgt eine Unterteilung in seminomatöse und nichtseminomatöse Keimzelltumore. Nach erfolgter inguinaler Semikastratio muss gemäss Stadieneinteilung über eine adjuvante Therapie befunden werden. Bei fachgerechter interdisziplinärer Behandlung ist die Prognose sehr gut mit Heilungsraten deutlich über 90% und kann auch bei fortgeschrittenen Stadien gegen 70% erreichen. Die Nachkontrollen werden stadienadaptiert festgelegt.

 

 

Dr. med. Räto T. Strebel, Oberarzt, Urologische Klinik UniversitätsSpital Zürich


Literatur
1. www.vskr.ch Vereinigung schweizerischer Krebsregister Inzidenz invasiver Karzinome.
2.
www.iarc.fr International Agency for Research on Cancer WHO.
3. Shelley MD, Burgon K, Mason MD. Treatment of testicular germ-cell cancer: a cochrane evidence-based systematic review. Cancer Treat Rev. 2002 Oct;28(5):237-53.
4. Fossa SD, Horwich A, Russell JM, Roberts JT, Cullen MH, Hodson NJ, Jones WG, Yosef H, Duchesne GM, Owen JR, Grosch EJ, Chetiyawardana AD, Reed NS, Widmer B, Stenning SP. Optimal planning target volume for stage I testicular seminoma: A Medical Research Council randomized trial. Medical Research Council Testicular Tumor Working Group. J Clin Oncol. 1999 Apr;17(4):1146-1154.
5. Klepp O, Dahl O, Flodgren P, Stierner U, Olsson AM, Oldbring J, Nilsson S, Daehlin L, Tornblom M, Smaland R, Starkhammar H, Abramsson L, Wist E, Raabe N, Edekling T, Cavallin-Stahl E. Risk-adapted treatment of clinical stage 1 non-seminoma testis cancer. Eur J Cancer. 1997 Jun;33(7):1038-44.
6. Bohlen D, Borner M, Sonntag RW, Fey MF, Studer UE. Long-term results following adjuvant chemotherapy in patients with clinical stage I testicular nonseminomatous malignant germ cell tumors with high risk factors. J Urol. 1999 Apr;161(4):1148-52.
7. IGCCCG=International Germ Cell Cancer Collaborative Group (1997) International germ cell consensus classification: A prognostic factor based staging system for metastatic germ cell cancer. J Clin Oncol. 1997 Feb;15(2):594-603.



 
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