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Benigne Prostatahyperplasie

Einleitung

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist häufig und führt zur irritativen und obstruktiven Miktionssymptomatik (LUTS, lower urinary tract symptoms). Der Hausarzt ist in der Regel die erste Anlaufstelle für Männer, welche an den Symptomen der BPH leiden. Die Mehrheit dieser Patienten kann ambulant mit a1-Rezeptorblockern oder 5a-Reduktase-Inhibitoren behandelt werden, sofern initial eine gründliche Abklärung erfolgte und eine anschliessende regelmässige Kontrolle gewährleistet ist. Dieser Artikel skizziert einen Leitfaden für den Hausarzt bezüglich Diagnostik und Therapie der BPH.

 

Epidemiologie und Pathogenese

Erste histologische Veränderungen im Sinne einer BPH sind erstmals um das 30. Lebensjahr nachweisbar. Im 8. und 9. Lebensjahrzehnt ist nahezu jeder betroffen. Etwa 50% der Männer mit histologisch nachweisbarer BPH haben eine vergrösserte Prostata und etwa 30% haben Miktionsbeschwerden. Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass 20-50% der 60-70-jährigen Miktionsbeschwerden angeben. Die Pathogenese der BPH ist noch nicht vollständig geklärt. Eine bedeutende Rolle spielen Testosteron und Dihydrotestosteron (DHT). DHT ist der aktive intrazelluläre Metabolit von Testosteron. Die Umwandlung erfolgt durch die Enzyme 5a-Reduktase Typ I und II. Die Pathogenese der LUTS setzt sich aus einer statischen und einer dynamischen Komponente zusammen. Die statische Komponente entsteht durch das konstant wachsende Adenom, welches jährlich um 0.2 bis 0.5 ml zunimmt und auf die
Urethra drückt. Die dynamische Komponente der Pathogenese wird durch den Tonus der glatten Muskulatur im Bereiche von Trigonum, Blasenhals und Prostatakapsel bestimmt, welcher vor allem durch a1-Rezeptoren kontrolliert wird. Eine Aktivierung dieser a-Rezeptoren durch sympathische Stimuli führt zu einer weiteren Einengung der Urethra und zu LUTS.

 

Symptome

LUTS können in irritative und obstruktive Symptome unterteilt werden. Zu den irritativen Symptomen gehören Pollakisurie, Nykturie und imperativer Harndrang. Die obstruktive Miktion umfasst verzögerten Miktionsbeginn, schwachen Harnstrahl, Nachtröpfeln, zweizeitige Miktion und Restharngefühl. Das am häufigsten verwendete Instrument zur standardisierten Erfassung der LUTS ist der «International Prostate-Symptom-Score» (IPSS, siehe Abbildung 1 und Abbildung 2). Die Verwendung des IPSS erlaubt eine ausgezeichnete Verlaufsbeobachtung der Symptome unter medikamentöser Therapie.

 

Diagnostik

Der grösste Teil der Männer mit LUTS kann mit folgenden Untersuchungen abgeklärt werden:

  • 1. Anamnese (IPSS verwenden)
  • 2. Serum PSA
  • 3. Klinische Untersuchung (Rektalpalpation der Prostata)
  • 4. Urinstatus, ev. Kultur
  • 5. Uroflowmetrie, Restharnmessung, Sonographie des oberen Harntraktes

 

Therapie

Phytotherapie

Gemäss der Internationalen BPH-Konferenz lassen die bisher publizierten Daten über Phytotherapeutika keine Empfehlung dieser Therapieoption bei symptomatischer BPH zu.

 

a1-Rezeptorenblocker

Unter Einnahme von a1-Rezeptorblockern erfahren die Patienten eine Reduktion der Symptome um ca. 30 bis 40%. Das Restharnvolumen wird um etwa 50% reduziert, die maximale Harnflussrate verbessert sich um 15 bis 25% (1.5 bis 3.0 ml/Sek).

 

Die a-adrenergen Rezeptoren im Urogenitaltrakt finden sich vor allem im Blasenhals, den glatten Muskelzellen der Prostata, dem glatten Schliessmuskel und in den Gefässwänden der Corpora cavernosa. Weiter sind a-adrenerge Rezeptoren diffus im gesamten arteriellen Kreislaufsystem lokalisiert. Dieser Umstand erklärt die Hypotension und «erste Dosis-Synkope» nach Gabe von antihypertensiven a-Rezeptorenblockern wie Doxazosin, Prazosin und Terazosin. Die drei a1-Rezeptorenblocker Alfuzosin (Xatral®, Xatral uno®), Terazosin (Hytrin®) und Tamsulosin (Pradif®) sind in der Schweiz kassenzulässig. Sie sind in ihrer klinischen Effizienz vergleichbar und unterscheiden sich nur bezüglich ihrer Nebenwirkungen. Kreislaufprobleme scheinen unter Tamsulosin und Alfuzosin SR seltener. In 5-10% wird unter Tamsulosin eine retrograde Ejakulation bzw. eine Abnahme des Ejakulatvolumens festgestellt.

 

5a-Reduktase-Inhibitor

Zur Zeit sind 2 Medikamente dieser Präparategruppe auf dem Markt und kassenzulässig. Bis heute sind zwei Isoformen, Typ I und II, der 5a-Reduktase bekannt. Finasterid (Proscar®) hemmt nur die 5a-Reduktase Typ II, welche wahrscheinlich den grösseren Anteil an prostatischem DHT produziert. Unter Finasterid kommt es zu einer Reduktion des DHT von 50 bis 70% mit einer Abnahme des Prostatavolumens um 15 bis 25%. Die maximale Harnflussrate erhöht sich um 1.5 bis 20 ml/Sek und es tritt eine Verbesserung der Symptome ein. Dutasterid (Avodart®) blockiert beide Isoformen der a-Reduktase und reduziert den DHT-Spiegel um 60 bis 80%. Ob die weitere Senkung des DHT-Spiegels einen zusätzlichen Gewinn bringt, steht noch aus. 5a-Reduktase-Inhibitoren sind besonders bei einem Prostatavolumen ab 45 g wirksam, bei kleinem Volumen ist die Wirksamkeit ungewiss. Unter einer Langzeitmedikation bis zu 4 Jahren senkt sich das Risiko einer Harnverhaltung und einer Operation im Vergleich zur Placebogruppe um die Hälfte. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Impotenz, Nachlassen der Libido, Ejakulationsstörungen und Gynäkomastie. Zu beachten ist, dass durch die Einnahme von 5a-Reduktase-Inhibitoren der PSA-Wert halbiert wird. Eine placebokontrollierte, prospektive Studie zeigte eine chemopräventive Wirkung von Finasterid. Es konnte eine signifikante Senkung der Prostatakarzinominzidenz in der Finasterid-Gruppe gegenüber Placebo um 25% nachgewiesen werden. Interessanterweise häuften sich in der Finasterid-Gruppe die Anzahl undifferenzierter Karzinome mit einem Gleason-Score von 7-10.

 

Wenn Patienten sich wegen BPH mit LUTS präsentieren, muss der Kliniker sich überlegen, ob Symptomkontrolle, Beeinflussung des Krankheitsverlaufes oder beides indiziert ist. a-Rezeptorenblocker können erfolgreich die Symptome der BPH kontrollieren. Trotzdem werden viele Patienten eine Symptomprogression erfahren, die eine chirurgische Intervention notwendig macht. Mit den 5a-Reduktase-Inhibitoren kann nun der eigentliche Krankheitsverlauf beeinflusst werden. In einer placebokontrollierten Studie wurde nachgewiesen, dass die Kombinationstherapie von Doxazosin und Finasterid signifikant das Risiko der klinischen Progression der BPH und LUTS mehr reduziert, als jedes Medikament alleine verabreicht.

 

Wann soll die Weiterweisung erfolgen?

Empfehlenswert ist eine initiale Beurteilung des Patienten, der über LUTS klagt, im Sinne einer Standortbestimmung beim Urologen. Sind jährliche Restharnmessung, PSA und Urinkontrolle in der Hausarztpraxis nicht möglich und besteht Unsicherheit über den Krankheitsverlauf, muss der Patient weitergewiesen werden. Es gibt allgemein anerkannte Indikationen für die chirurgische Intervention: Medikamentös nicht beherrschbare Symptome, wiederkehrende Harnverhaltung nach Katheterentfernung, rezidivierende Harnwegsinfekte und Makrohämaturie, Blasensteine und BPH-induzierte Niereninsuffizienz. Die interventionellen Therapieoptionen bei BPH nehmen weiter zu. Für den Erfolg der chirurgischen Technik ist die individuelle Erfahrung des Urologen entscheidend. Unbestritten gilt bis zum heutigen Zeitpunkt die transurethrale Elektroresektion und ab einem Prostatavolumen von > 80-100 ml die offene Prostataadenomektomie als «goldener Standard».

 

Schlussfolgerung

LUTS infolge BPH sind durch Medikamente behandelbar. Gemäss neuesten Erkenntnissen kann
zwischen symptomatischer, den Krankheitsverlauf modifizierender oder kombinierter Therapie entschieden werden. Die Grundlage der Wahl für die optimale medikamentöse Therapieoption bildet ein sorgfältiges Abwägen und Einschätzen der möglichen Nebenwirkungen, der Kosten und der Patientencompliance. Die Pharmakotherapie der BPH stellt im Gegensatz zu einer Operation eine Langzeitbehandlung dar.

 

 

Dr. med. T. Leippold, Assistenzarzt, Urologische Klinik und Poliklinik, Universitätsspital Zürich



 
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