Das Herz Handy® (Interview)
Eine weltweite Neuentwicklung in der Telemedizin für Herzpatienten in Not.
Mit dem Herz Handy® wird eine weltweite Neuentwicklung in der Telemedizin ab diesem Herbst auch in der Schweiz Einzug halten. Patienten profitieren vom Herz Handy®, das für den kardialen Notfall und für das Monitoring von Herzrhythmusstörungen entwickelt wurde. In Deutschland wurde das Herz Handy® bereits vor einem Jahr erfolgreich eingeführt. Der behandelnde Arzt kann seinen Herzpatienten damit besser betreuen.
Herr Dr. Sack, Sie sind der Erfinder des Herz Handy® – was genau ist das Herz Handy® und was für Vorteile bietet es? Das Herz Handy® ist ein Mobiltelefon (GSM, Dualband) mit dem Sie ganz normal telefonieren können. Drei telemedizinische Funktionen stehen dem Herzpatienten ausserdem zur Verfügung. Voraussetzung dafür ist, dass das Herz Handy® in ein sogenanntes MediCenter Konzept eingebunden ist: Ein eigenes errichtetes medizinisches Zentrum, das 24h-MediCenter, erteilt ärztlichen Rat rund um die Uhr. Die erste Funktion beinhaltet eine Notfalltaste: bei einem kardialen Notfall, hat der Patient eine direkte Sprachverbindung mit dem 24h-MediCenter und kann somit durch medizinisches Fachpersonal betreut werden. Die zweite Funktion beinhaltet ein Satellitennavigationssystem (GPS). Eine Ortung des Patienten über Positionsdaten wird ermöglicht, sobald der Patient auf die Notfall-Taste gedrückt hat. Das 24h-MediCenter kann, wenn nötig, die nächstgelegene Rettungsstelle alarmieren. Die dritte Komponente betrifft die EKG-Ableitung. Über vier Elektroden auf der Rückseite des Geräts wird eine Aufzeichnung durchführt. Beim kardialen Notfall kann der Patient sein EKG selbst ableiten, indem er diese Elektroden direkt auf die Brust legt und an das 24h-MediCenter übermittelt. Elektrophysiologen beurteilen die Aufzeichnungsqualität der EKGs als exzellent.
Im Mittelpunkt der Dienstleistung steht das sogenannte «starke Dreieck», das den Patienten, den Hausarzt und das 24h-MediCenter berücksichtigt. Was genau steckt dahinter? Der Patient sendet im Notfall sein EKG an das 24h-MediCenter, von wo aus er telefonisch von einem Arzt betreut wird. Das 24h-MediCenter erstellt einen Bericht und sendet diesen zusammen mit dem EKG direkt an den behandelnden Arzt, damit der Patient von dort aus weiter optimal versorgt werden kann. Dieser Service wird dem Hausarzt kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Arzt wird ganz klar in das Service Konzept integriert, damit er seinen Patienten entsprechend besser betreuen kann.
Wie würden Sie den idealen Patienten für das Herz Handy® definieren? Es gibt verschiedene Patienten, für die ein Herz Handy® sinnvoll ist. Das sind Patienten mit Herzkreislauf-Erkrankungen, koronarer Herzkrankheit (KHK) wie z.B. Angina pectoris, nach einem Herzinfarkt oder Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Die Gruppe der Herzphobiker und Herzneurotiker sollte ebenfalls berücksichtigt werden. Damit kann die Bedeutung der Krankheit für den Patienten abgebaut, er beruhigt und ihm Sicherheit geboten werden. Die Gruppe der gestressten Manager, könnte das Herz Handy® ebenfalls nützlich finden.
Wie wenden Sie das Herz Handy® bei einer Herzrhythmusstörung an? Ein Rhythmusereignis ist in der ärztlichen Praxis meist schwierig aufzuzeichnen, denn die Herzrhythmusstörung tritt auch hier häufig dann auf, wenn der Patient nicht bei der Untersuchung ist. Der Hausarzt kann seinem Patienten für zwei Wochen ein Herz Handy® ausleihen. Im Falle einer Rhythmusstörung leitet der Patient sein EKG ab, welches an das 24h-MediCenter übermittelt wird. Der behandelnde Arzt wird auch hierüber umgehend informiert.
Was hat dazu geführt, das Herz Handy® zu entwickeln? Ich habe in den letzten 5 Jahren die Intensivstation der Universitätsklinik Essen geleitet, bin selbst Kardiologe, und beschäftige mich darüber hinaus intensiv mit Herzrhythmusstörungen. Ein Patient, z.B. nach einem Myokardinfarkt, verlässt nach medizinischer Behandlung relativ bald wieder das Spital. Viele Patienten haben Angst, einen weiteren kardialer Notfall zu erleiden. Eine Gesundheitsfürsorge rund um die Uhr würde ihnen mehr Sicherheit, Vertrauen und Mobilität bieten. «Was soll ich machen, wenn mir da draussen wieder etwas passiert – soll ich mir ein Handy kaufen?» Mit dieser Frage kamen die Patienten häufig auf mich zu. Das war der Auslöser, um das Herz Handy® zu entwickeln. Notfälle dieser Art geschehen eben meist ausserhalb der normalen Sprechstunden, d.h. abends, nachts, am Wochenende oder am frühen Morgen.
Bei solch einem Gerät kann man sich durchaus weitere Anwendungsgebiete in der Medizin vorstellen, wie z.B. bei der Blutdruck- oder Blutglukosebestimmung. Haben Sie diesbezüglich Pläne? Die Telemedizin beinhaltet die Telematik, d.h. die Verbindung zwischen Telekommunikation und Informationstechnik. Das heisst aber auch die Übertragung von Biosignalen und von biochemischen Parametern, wie das nun beim EKG vorliegt. Das Herz Handy®, das von der Firma Vitaphone AG vertrieben wird, kann zukünftig weitere Funktionen anbieten. Biosignale oder biochemische Parameter wie die Blutglukose oder Infarktenzymparameter sind vorstellbar. In naher Zukunft werden wir neben dem EKG auch die Blutdruck- und Blutzuckerbestimmung anbieten.
Weitere Informationen erhalten Sie von Vitaphone AG, Liestal.
Das Interview wurde mit PD Dr. med. Stefan Sack, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologe und Oberarzt an der Universitätsklinik Essen, durchgeführt, der Erfinder des Herz Handy®. Interviewpartnerin: Dr. Ellen Heitlinger.
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