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Das Debakey – NASA Teilkunstherz

Eine neue hoffnungsvolle univentrikuläre Blutpumpe als Überbrückung bis zur Herztransplantation.

 

Die Entwicklung des menschlichen Herzens dauerte Jahrmillionen – eine Hochleistungspumpe ist entstanden. Obwohl die Funktionen dieses Organs sehr komplex sind (z.B. Autoregulation der Leistung: von 5 Liter pro Minute im Ruhezustand bis zu 20 Liter unter extremer Anstrengung mittels Veränderung des Schlagvolumens und der Herzfrequenz), ist die eigene Heilungsfähigkeit leider nur sehr begrenzt. Missbildungen und Erkrankungen können zu Fehlfunktionen führen, welche ohne Therapie eine sehr grosse Einschränkung der Lebensqualität mit sich bringen, gar auch mit dem Leben nicht mehr kompatibel werden. Schon seit mehr als fünfzig Jahren arbeiten Wissenschaftler an einem biologischen (Herztransplantation) oder mechanischen (Kunstherz) Ersatz dieses Organs.

 

Die Herztransplantation ist heutzutage dank den Fortschritten in der Behandlung der Abstossungsreaktionen sicher die einfachere Lösung; nach der Operation funktioniert das neue Organ ganz normal und bedarf nur einer medikamentösen Immunosuppression. Jährlich können jedoch, wegen mangelnden Spendern, nur 3’000 Transplantationen durchgeführt werden, so dass zahlreiche Patienten ohne adäquate Behandlung versterben. Zurzeit warten in Europa fast 4’000 Menschen auf ein Spenderherz.

 

Seit 50 Jahren wird an der Entwicklung eines mechanischen Herzersatzes (Kunstherz, oder left ventricle assist device – LVAD) geforscht. Dabei wird das Herz entfernt und durch ein Kunstherz vollständig ersetzt. Sehr raffinierte und leistungsfähige Modelle wurden entwickelt und eingesetzt. Immer wieder scheitern diese Versuche an tödlichen Gerinnungsstörungen und/oder an immunologischen Reaktionen. Auch das in Amerika bereits bei mehreren Patienten implantierte neuere Abiocor Kunstherz scheint diese Probleme nicht in den Griff zu bekommen. Demzufolge zeichnet es sich ab, dass dieser Weg in der Zukunft unrealistisch erscheint.


Neuerdings wurden univentrikuläre Hilfspumpen (Teilkunstherz) entwickelt, die an das Herz angeschlossen werden (in diesem Fall wird das Herz nicht explantiert), und so das Blut vom Herzen in die Hauptschlagader pumpen. Zuerst wurden Pumpen entwickelt welche die pulsatile Herzaktivität kopieren. Blutschädigung, Infektionen und thrombo-embolische Komplikationen sind seltener als mit dem totalen Kunstherz, aber nicht ganz ausgeschlossen. Darüber hinaus sind die Komplexität, teilweise begrenzte Lebensdauer und die Grösse von solchen Geräten noch sehr problematisch. Weltweit profitieren mehr als 2’000 für eine Herztransplantation vorgesehene Patienten von solch einer Herz-Unterstützung – oder haben bereits davon profitiert. Verwendet wird diese komplexe Alternative jedoch erst, wenn die medizinische Therapie nicht mehr ausreicht, um die lebensnotwendigen Funktionen aufrecht zu erhalten (intravenöse Medikamente, IABP,...).

 

Im Jahre 1988 entwickelten Wissenschaftler aus dem Bereich der Medizin und der NASA das erste nicht pulsatile Teilkunstherz – das «DeBakey Left Ventricular Assist Device». Es handelt sich dabei um eine axiale Blutpumpe, welche die Arbeit des linken Ventrikels übernimmt. Sie arbeitet parallel zum Herzen und unterstützt dieses, indem das Blut kontinuierlich aus dem linken Ventrikel gesaugt und durch einen Ausfluss-Graft in die Aorta beschleunigt wird. Wesentlicher Vorteil dieser axialen Pumpe ist, dass sie für eine vergleichbare Leistung viel kleiner ist als pulsatile Pumpen. Ein Pumpfluss von bis zu 10l/min. ist möglich, dies entspricht einem voll geöffneten Wasserhahn und bietet trotz fehlender Pulsatilität offensichtlich eine effiziente Unterstützung für das kranke Herz. Klinisch wirkt der Patient pulslos. Die Pumpe liefert über ein externes Kontrollgerät Informationen wie Stromverbrauch, Drehzahl, Stromstärke und vor allem dank einer Doppler Flussmessung am Ausfluss-Graft, eine sehr präzise Messung der Pumpenleistung. Sämtliche Funktionsparameter der Pumpe können mit einer Docking Station (Clinical Data Acquiring System CDAS), analysiert und bearbeitet werden. Das DeBakey LVAD funktioniert bei konstanter Drehzahl (7’500-12’500 Umdrehungen pro Minute). Diese Einstellungen werden durch Umprogrammieren der Pumpe den verschiedenen Sauerstoff-Bedürfnissen und Kreislauf-Anforderungen angepasst. Wenn früh nach der Implantation höhere Drehzahlen notwendig sind, kann nach einigen Wochen die Drehzahl auf ca. 8’500 reduziert werden, was durch eine geringere Blutschädigung gekennzeichnet ist. Das Stromversorgungskabel, welches mit der Pumpe verbunden ist, bleibt der einzig sichtbare Teil dieser voll implantierbaren Pumpe. Das Kontrollgerät und die zwei Batterien (6 Volt, Dauer > 6 h) befinden sich in einer kleinen handlichen Unterarmtasche (ca. 2 kg), die der Patient mit sich trägt; somit kann er sich frei bewegen. Zudem verfügt er über eine komplette Ladestation, die es ihm auch erlaubt, zuhause oder unterwegs, seine Pumpe mit dem Netzstrom direkt zu betreiben.

 

Mit dieser Pumpe scheint sich das Herz zu erholen: je länger dieses Gerät das Herz unterstützt, desto weniger ist ein hoher Fluss notwendig (Abbildung 1), was dazu geführt hat, dass bereits bei einigen Patienten, welche an einer reversiblen Muskelschwäche gelitten haben (z.B. viraler Myokarditis), die DeBakey Pumpe entfernt werden konnte. Dies wäre mit einem totalen Kunstherz nicht möglich gewesen, da das Herz bereits bei der Implantation hätte entfernt werden müssen. Als einzige Medikation benötigen die Patienten postoperativ eine orale Antikoagulation (Ziel ist ein I.N.R. von 2.0 bis 3.0) kombiniert mit Aspirin. Die Patienten werden im Spital voll aufgeklärt und können selbständig in die Rehabilitation oder nach Hause entlassen werden.

 

Seit 1999 wird das DeBakey LVAD an der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie des Universitätsspitals Zürich, als einem der ersten Zentren weltweit überhaupt, eingesetzt. Das DeBakey LVAD wurde mittlerweile weltweit schon bei über 160 Patienten implantiert. Bei keinem von diesen Patienten ist ein Problem mit der Pumpe aufgetreten. Die Resultate und Verträglichkeit dieser Hilfspumpe sind, im Gegensatz zum Kunstherz so überzeugend – Blutschädigung, Infektionen und thrombo-embolische Komplikationen sind seltener als mit pulsatilen LVAD’s, aber nicht ganz ausgeschlossen – dass nun unter der Leitung von Professor Marko Turina, Direktor für Herz- und Gefässchirurgie des Universitätsspitals Zürich, dies auch als permanente Lösung in Betracht gezogen wird.

 

Bei der Herztransplantation ist es essentiell, eine perfekte Übereinstimmung in bezug auf Histokompatibilität von Spender und Empfänger zu finden. Die LVAD Unterstützung erlaubt es, in Notfallsituationen Patienten zu stabilisieren und so die besten Voraussetzungen für eine geplante Herztransplantation zu schaffen. Als Überbrückung zur elektiven Herztransplantation ermöglicht die LVAD Unterstützung, die Patienten klinisch zu verbessern, was wiederum die Chancen für eine erfolgreiche Transplantation verbessert. Die REMATCH Studie (Rose et al., New England Journal of Medicine 2001) hat im Vergleich von LVAD und optimalem medizinischen Management, bei Patienten die für eine Herztransplantation nicht in Frage kommen, einen signifikanten Vorteil bezüglich Morbidität und Mortalität für die LVAD Gruppe gezeigt.

 

Die Zukunftsperspektiven der Patienten mit einer sich rasch verschlechternder Herzinsuffizienz, welche dringend eine Herztransplantation benötigen, sind dank dem Einsatz des DeBakey LVAD nun deutlich verbessert worden. Langzeit-Erfahrungen müssen sicherlich noch gesammelt werden; die bereits erreichten Resultate sind aber äusserst erfolgsversprechend.

 

 

Dr. med. S. Salzberg, Dr. med. M. Lachat, Prof. Dr. med. M. Turina Klinik für Herz- und Gefässchirurgie Universitätsspital Zürich



 
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