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Medizinische Grundversorgung: Neue Studie prognostiziert rasant steigenden Hausarztmangel mit hohen Kostenfolgen

Zwei Jahre nach dem klaren Volks-Ja zur medizinischen Grundversorgung hat sich die Lage bezüglich drohender Versorgungslücke weiter zugespitzt. Über 60% der heute tätigen HausärztInnen stellen in den nächsten zehn Jahren ihre Praxistätigkeit altershalber ein.
1. April 2016 jährt sich die «Hausärztedemo» in Bern zum zehnten Mal, an der rund 12'000 Ärzte wegen der drohenden Versorgungslücke Alarm schlugen. Mit der Hausärzteinitiative und der darauffolgenden gesellschaftlichen Debatte zeigte sich ein breiter Konsens zwischen Politik, Verwaltung und Bevölkerung bezüglich Notwendigkeit der Stärkung der Hausarztmedizin. Diese Entwicklung gipfelte in dem mit 88% Ja-Stimmen klar angenommenen Verfassungsartikel am 18. Mai 2014. Trotz ersten eingeleiteten Massnahmen spitzt sich die Situation weiter zu. «Für ein funktionierendes und bezahlbares Gesundheitswesen benötigt die Schweiz mehr Hausärzte – es braucht dringend effiziente Massnahmen», erklärt Marc Müller, Präsident von mfe - Haus- und Kinderärzte Schweiz.


Neue Studie prognostiziert rasant steigenden Hausarztmangel mit hohen Kostenfolgen Die neue «Work Force Studie 2015» des universitären Zentrums für Hausarztmedizin beider Basel liefert die Grundlage für die erneuten Forderungen. Die alle fünf Jahre im Auftrag von mfe durchgeführte Erhebung prognostiziert massive Versorgungslücken. Sie zeigt, dass die bereits getroffenen Massnahmen bei den HausärztInnen vor allem zwei Wirkungen haben: die Arbeitszufriedenheit ist in den letzten 10 Jahren gestiegen und die Anzahl der Gemeinschaftspraxen hat sich fast verdreifacht.


Anlass zur Sorge gibt die Tatsache, dass rund 50% der HausärztInnen bis zu einem durchschnittlichen Alter von 70 Jahren berufstätig bleiben wollen oder müssen. Die Entwicklung der Altersverteilung der letzten zehn Jahre zeigt deutlich: Dem überalterten Hausärzte-Kollektiv fehlt der Nachwuchs. Bereits heute fehlen über 2'000 Vollzeit-HausärztInnen, um die empfohlene Versorgung von einem Hausarzt für 1'000 EinwohnerInnen (OECD-Forderung) zu erreichen. Innerhalb der nächsten Dekade wird ein Verlust an Arbeitszeit der heute tätigen HausärztInnen von über 60% anfallen.

 

Nur um diese zusätzliche Lücke zu schliessen werden bis 2025 rund 4'000 weitere neue Vollzeit-HausärztInnen benötigt. Wird zusätzlich die Bevölkerungsentwicklung mitberücksichtigt und angenommen, dass 20% der MedizinstudentInnen sich für die Hausarztmedizin entscheiden, ist in zehn Jahren eine Versorgungslücke von 60% resp. von über 5'000 Vollzeit-HausärztInnen zu decken. Richtige Rahmenbedingungen für die Ausbildung schaffen Langfristig gesehen müssen deutlich mehr ÄrztInnen ausgebildet werden, diesbezüglich scheint in Politik und Gesellschaft grundsätzlich Einigkeit zu herrschen. Dabei braucht es aber nicht nur mehr ÄrztInnen – sondern auch die „richtigen“. Der Bundesrat ist bereit, für die Schaffung von 200 bis 250 zusätzlichen Studienplätzen in der Medizin 100 Millionen Franken einzusetzen.

 

«Diese zur Verfügung gestellten Gelder müssen aber weitgehend für die Ausbildung von GrundversorgerInnen eingesetzt Präsident der SGAIM-SSMIG François Héritier. «Wir sollten nicht immer mehr Spezialisten produzieren, sondern für junge engagierte Mediziner diejenigen Bedingungen schaffen, mit denen eine Zukunft in der Grundversorgung attraktiv für sie ist.» Kurzfristig pragmatische und interdisziplinäre Lösungen gefordert Die «Work Force Studie 2015» zeigt, dass es schnelle Lösungen braucht, um die aktuelle und vor allem künftige Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung zu gewährleisten. In unserem Versorgungssystem tun sich mindestens für die nächsten zehn Jahre massive Lücken auf. Kurzfristig sind deshalb pragmatische und interdisziplinäre Lösungen gefragt, die auch längerfristig neue Perspektiven schaffen können.


Zum Beispiel sollen medizinische Praxisassistentinnen oder Pflegefachpersonen mehr Kompetenzen erhalten. Es gilt, zielorientiert neue und effiziente Formen der Zusammenarbeit in der ambulanten Grundversorgung zu fördern. Der Berufsverband mfe hat deshalb für den Dialog innerhalb der Gesundheitsberufe 2013 die Plattform «Interprofessionalität» geschaffen und Pilotprojekte initiiert. Diese Plattform soll auf Verbandsebene den Rahmen schaffen, damit bottom-up, möglichst überall in der Schweiz, interprofessionelle Projekte entstehen können. «Die Lernziele müssen sich an den Bedürfnissen orientieren und nicht umgekehrt», erklärt mfe-Vorstandsmitglied Philippe Luchsinger. Der Berufsverband mfe - Haus- und Kinderärzte Schweiz bietet Hand zu Lösungen und trägt mit seiner Expertise aktiv dazu bei, die drohende Versorgungslücke abzufedern. Nun ist es an Politik und Verwaltung, die alarmierenden Ergebnisse aufzunehmen und die Weichen richtig zu stellen, um den nötigen Strukturwandel schnell einzuleiten. Nur so kann die Hausarztmedizin auch in Zukunft ihre wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung wahrnehmen.

 

Linkempfehlung

mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

31.03.2016 - dzu

 
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