Neue Antikoagulanzien
Heparine und Vitamin-K Antagonisten haben sich als effektive Medikamente zur Verhinderung von arteriellen und venösen Thrombosen etabliert. Sie haben aber eine Reihe von Nachteilen; so können Heparin und LMWH nur parenteral verabreicht werden und die Heparin induzierte Thrombozytopenie ist zwar eine seltene, aber lebensbedrohliche Komplikation. Die Vitamin K Antagonisten ihrerseits haben einen verzögerten Wirkungseintritt, eine enge therapeutische Breite, machen ein Labormonitoring unumgänglich und interagieren mit der Nahrung und anderen Medikamenten.
Die neuen Medikamente blockieren entweder den Gerinnungsfaktor Xa oder Thrombin (Faktor IIa) direkt und haben den Vorteil, dass sie nicht nur die Produktion von freiem Thrombin hemmen, sondern auch das Thrombus-gebundene Thrombin reduzieren.
Rivaroxaban ist in der Schweiz seit Anfang 2009 zur Thromboseprophylaxe nach grösseren orthopädischen Eingriffen an den unteren Extremitäten zugelassen. Es ist zur Zeit das einzige direkt wirkende Antikoagulans auf dem Schweizer Markt, das oral eingenommen werden kann. Es kann von allen Patienten, unabhängig vom Körpergewicht, in einer fixen Dosierung von 10 mg pro Tag eingenommen werden und braucht kein Monitoring. Die Bioverfügbarkeit ist ca. 80% und die therapeutische Breite gross.
Die RECORD-Studien 1 bis 4 haben die antithrombotische Wirkung und Sicherheit von Rivaroxaban an Tausenden Patienten mit Hüft- und Knie-Totalprothesenimplantation untersucht, und zwar im Vergleich zum Gold-Standard Enoxaparin. Gegenüber Enoxaparin verzeichneten die Studienautoren durch die Gabe von Rivaroxaban insgesamt eine Halbierung der Thromboserate (insbesondere symptomatische TVTs) bei statistisch nicht signifikant unterschiedlicher Blutungsrate. Neben der Sicherheit bezüglich Blutungen waren auch keine anderen gehäuften Nebenwirkungen nachweisbar, insbesondere keine hepatische Toxizität und keine Erhöhung kardiovaskulärer Ereignisse.
Dabigatran ist in der EU, zur Zeit aber noch nicht in der Schweiz, zur Thromboseprophylaxe nach orthopädischen TP-Implantationen zugelassen. Es handelt sich dabei um einen direkten Hemmer des Thrombins. Die Therapie muss ebenfalls nicht monitorisiert werden. Bei Älteren und Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung muss die Dosis reduziert werden (von 220 auf 150 mg täglich). In den drei Studien RE-MODEL, RE-MOBILIZE und RE-NOVATE zeigte sich nach Knie- und Hüft-TP Implantation eine ähnliche Effektivität in der Thromboseprophylaxe wie für Enoxaparin, bei vergleichbarem Sicherheitsprofil.
Ein weiteres Antikoagulans, das für die Zukunft viel versprechende Resultate gezeigt hat, ist Idraparinux, welches zwar ein parenteraler, indirekter Faktor Xa Hemmer ist, im Vergleich zu Fondaparinux aber mit einer 10-fach höheren Affinität an Antithrombin bindet. Die Halbwertszeit beträgt 80 Stunden und bisher wurden über keine anderen Nebenwirkungen berichtet ausser Blutungen. Insbesondere soll keine HIT auftreten.
Für Rivaroxaban und Dabigatran laufen grosse Studienprogramme, um den Effekt in der Thrombosetherapie, der Hirnschlagprophylaxe bei Vorhofflimmern und der Verhinderung von kardialen Ereignissen nach Akutem Koronarsyndrom (ACS) zu beurteilen. Die Resultate werden zeigen, ob die neuen Antikoagulanzien die klassischen Medikamente wie Heparine und Vitamin K Antagonisten ersetzen können.
|
Mediscope - dde |
|
03.04.2009 |
|
|
|