Die Sprue
Synoyme: Zöliakie, Gluten-sensitive Enteropathie
- Zöliakie ist keine Kindheitserkrankung
- Diagnose ist bei Erwachsenen häufig
- Besonders bei Frauen >30 Jahren
- 20% aller Zöliakiefälle im Alter > 60 Jahren
- Frauen / Männer –Verhältnis: 2:1
Genetische Prädisposition (HLA-II Klasse) und Umwelt-Trigger (Gluten-Exposition, GI-Infektionen, Schwangerschaft, Karzinome und andere) spielen bei der Entwicklung der Enteropathie eine Rolle.
Diagnostik
Anamnese
Malabsorption, Sprue bei Verwandten 1. Grades, mit Sprue assoziierte Affektionen
Klinik
passend (oligo- oder polysymptomatisch), Besserung auf glutenfreie Diät
Serologische Untersuchung
IgA-TTg (tissue-Transglutaminase-Antikörper) positiv, grenzwertig bei IgA-Mangel, hier IgG-TTg- bestimmen oder IgG -EMA (Gliadin-Endomysium-Antikörper)
HLA-Klassifikation: HLA-Dq2, HLA Dq8, falls unklar
Histologische Untersuchung
Die Dünndarm-Histologie ist trotz aller Fortschritte in der serologischen Spruediagnostik unverändert ein wichtiges diagnostisches Standbein (Goldstandard). Die Dünndarmbiopsie genügt.
Marsh-Klassifikation |
Histologischer Befund |
Marsh 0 |
unauffällige Schleimhaut |
Marsh 1 |
Infiltrative Läsionen, Krypten-Infiltration (unauffällige Zotten und Krypten aber erhöhte IEL = intraepitheliale Lymphozytenzahl) |
Marsh 2 |
Infiltrative Krypten-Hyperplasie (unauffällige Zotten jedoch verlängerte Krypten und erhöhte ILZ) |
Marsh 3 |
Zottenatropie:
- Marsh 3a: part. Zottenatrophie
- Marsh 3b: subtot. Zottenatrophie
- Marsh 3c: totale Zottenatrophie
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Differentialdiagnose für Zottenatropie
Einheimische Sprue, tropische Sprue, bakterielle Überwucherung, Lymphom, Lambliasis, M.Crohn, eosinophile Gastroenteritis, Kuhmilch-Eiweiss Intoleranz, Zollinger-Ellison Syndrom, Post-gastroenteritisch
Klassifikation der Sprue-Formen
Klassische Sprue
- Zottenatrophie, Malabsorption, Gewichtsverlust, Vitaminmangel
- Besserung der Symptome innert Wochen bis wenigen Monaten, der Schleimhautläsionen innert wenigen Monaten bis Jahren under Gluten-freier Diät
- Keine Besserung unter Diät: Compliance?, Diätfehler, therapierefraktäre Sprue, kollagen Sprue, malignes Lymphom
Latente Sprue
- Normale Mukosa, keine oder minimale Symptome unter Normaldiät
- 20% mit juveniler Sprue nach Pubertät
- 80% später Beginn der Sprue
Potentielle Sprue
- AK-positiv, IRL vermehrt, keine Klinik
- oft Angehörige von Sprue-Patienten, HLA DQ2
- 6-20% entwickeln manifeste Form
Juvenile Sprue
- Die Symptomatik der juvenilen Sprue ist vielfältig
- Abdominelle Symptomatik oft nicht im Vordergrund
- Olygosymptomatik tritt häufig auf und lässt primär nicht immer an Sprue denken
- Bei Diabetes Typ 1, IgA-Mangel, Immunthyreoiditis, Down-Syndrom, Turner Syndrom und Sprue bei Verwandten 1. Grades an Assozation mit Sprue denken
- Etwa 20% der juvenilen Sprue-Fälle werden ab Pubertät auf Zeit asymptomatisch auch ohne glutenfreie Diät
- Symptomatik tritt unweigerlich nach Jahren wieder auf
- Grundsatz: Einmal Sprue – immer Sprue
- Unterbruch der Diät soll zu vermehrtem Auftreten von malignen intestinalen Lymphomen und Malignomen führen
- Konsequente Weiterführung der glutenfreien Diät nach gesicherter Sprue-Diagnose unabhängig vom Ausmass der Symptomatik!
Symptomatik
Beginn mit Einführung der glutenhaltigen Kost (6. - 24.Monat), nach Häufigkeit gelistet:
- Fe-Mangel (mit und ohne Anämie)
- Wiederholt Abdominalscherzen
- Stimmungsveränderungen
- Rezidvierende aphtöse Stomatitis
- Reduzierter Apetit
- Kleinwuchs
- Geblähtes Abdomen
- Obstipation
- Verzögerte Pubertät
- Hypalbuminämie
Nicht gastrointestinale, nicht maligne Symptome bei juveniler Sprue
- Infertilität
- Rheumatische Erkrankungen
- Vitamin D und Kalzium-Mangel
- Osteomalazie, Osteoporose
- Neurologische Störungen: (Depression, Epilepsie, Migräne, Angst, Suizidalität, Carpal-Tunnel-Syndrom, Myopathie)
Mit Sprue-Risiko assoziierte Affektionen im Kindesalter
- Diabetes mellitus Typ I
- Immunthyreoidits
- Immunhepatitis, primäre biliäre Zirrhose (PBC)
- Juvenile Arthrtitis
- Sjögren-Syndrom
- Dilatative Kardiopathie
- Urticaria, Alopezie
- Verzögerte Pubertät
- Dermatitis hepetiformis
- Down-Syndrom
- Turner-Syndrom
Therapie der Sprue
Grundtherapie der Sprue ist eine Glutenfreie Diät
- Keine Weizen- Roggen- oder Gersteprodukte
- Hafer in definierter Menge (50 g/Tag) erlaubt
- Keine Einschränkung von Mais, Reis etc
Argumente für konsequentes Weiterführen der Gluten-freien Diät:
- Verhindern der vorzeitigen Osteoprose + Frakturen
- Fertilität besser, reduzierte Spontanabortrate, weniger untergewichtige Kinder bei Geburt
- Reduzierte Mortalität im Erwachsenenalter, vor allem Malignom-bedingt
Einhalten der Gluten-freien Diät kontrollierbar durch:
- IgA- TTG-Spiegel, bei IgA-Mangel durch IgG –EMA
- (IgG-TTG-Spiegel ideal, noch nicht Routine)
Diät-refraktäre Sprue
- Symptomatisch
- schwere Zottenatrophie
- kein primäres oder sekundäres Ansprechen auf glutenfreie Diät
- keine andere Ursache für Zottenatrophie
- kein Lymphom als Ursache der Beschwerden
Therapie-refraktäre Sprue
- Patienten ohne initiales Ansprechen auf glutenfreie Diät oder
- Patienten mit gewissem Ansprechen auf Gluten-freie Diät, die nach einer Periode der Remission refraktär werden
- Ursache ist unbekannt
- Krankheit ist zumeist progredient, führt zum Tod
- Subform: Kollagene Sprue, die mit subepitheliler Kollageneinlagerung einher geht
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Mediscope |
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29.05.2006 - gem |
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